Dämmerstunde

Im Nebenzimmer saßen ich und du;
Die Abendsonne fiel durch die Gardinen;
Die fleißigen Hände fügten sich der Ruh,
Vom roten Licht war deine Stirn beschienen.
Wir schwiegen beid'; ich wußte mir kein Wort,
Das in der Stunde Zauber mochte taugen;
Nur nebenan die Alten schwatzten fort -
Du sahst mich an mit deinen Märchenaugen.

Theodor Storm (1817 - 1888)

 Lichteszauber

Ein Schatten erjagte den grünen Wald
Und dunkelt ihn, färbet ihn ernst und kalt.
Doch sieh, schon ruht die Sonnenflamme
Erneut auf weißem Birkenstamme! –
Ja, girre dort nur, wilder Tauber!
Der Wald ist voll von süßem Zauber.

Karl Mayer (1753–1830)

Zu spät

Was soll dem Hoffnungslosen
Der Zauber im Gemüt?
Ach! meines Lebens Rosen
Sind alle schon verblüht.

Mir wend' nicht zu dein bleiches,
Dein holdes Angesicht,
Das Glück ist ein zu reiches,
Von dem dein Anblick spricht.

Mir war's als süße Treue
Dein feuchtes Aug' verhieß,
Ich säh' des Gottes Reue,
Der mich ins Elend stieß.

Hieronymus Lorm (1821 - 1902)

Der Tanz

Lieblich bewegt sich der deutende Reigen,
Umflossen vom Zauber des heitersten Scheins,
Während die Lippen weise verschweigen
Die traurigen Rätsel des menschlichen Seins.

Emil Claar (1842 - 1930)

Nur zu Hause
ist der Mensch ganz.
In der Heimat wurzeln,
O welche Zauber,
Liegen in diesem kleinen Wort: Daheim.

Emanuel Geibel (1815 - 1884)

Entfloh mit der Jugend der Zauber der Schönheit,
Die heitere Laune, das glühende Herz,
Entschädigt dafür uns im Alter die Weisheit,
Verständnis für Schönheit, Empfängnis für Scherz.

Heinrich Martin (1818 - 1872)

Das Märchen hat denselben pädagogischen Wert

wie das Spiel.

Es bringt mit seinem Außergewöhnlichen

und Wunderbaren

der kindlichen Einbildungskraft eine ganz neue,

bisher unbekannte Welt,

die durch einen poetischen Zauber verklärt ist.

H. Kietz 18-19 Jahrhundert

Ines

Mädchen, deiner Stimme Lachen,
Deiner Wangen Rosenlicht,
Sei's im Schlummer, sei's im Wachen,
Andres träum' und denk' ich nicht.

Bei der Kastagnetten Schmettern,
Deiner Blicke feuchtem Glanz
Beb' ich, gleich des Lorbeers Blättern,
Drunter du dich schwingst im Tanz.

Länger ist's mir nicht geheuer;
Zauber musst du üben, Kind,
Daß das Blut wie sengend Feuer
Wild mir durch die Adern rinnt.

Ja, mir ahnt, bei deiner Amme,
Die als Hexe allen gilt,
Hältst du nächtlich in die Flamme
Meines Herzens wächsern Bild.

In der Brust dann banges Klopfen
Fühl' ich, Glut wie siedend Erz;
Ach! geschmolzen fließt in Tropfen
Auf den Herd mein armes Herz!

Adolf Friedrich von Schack, 1815-1894



 

 

 



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