Das älteste, echteste und schönste Organ der Musik, das Organ,

dem unsere Musik allein ihr Dasein verdankt, ist die menschliche Stimme.

Richard Wagner, (1813 - 1883)



Ich mag Lieder, in deren Melodie
man das Herz singen hört.

Henri Barbusse, (1873 - 1935)

Das Lied der Vögel

Wir Vögel haben's wahrlich gut,
wir fliegen, hüpfen, singen.
Wir singen frisch und wohlgemut,
dass Wald und Feld erklingen.

Wir sind gesund und sorgenfrei
und finden was uns schmecket.
Wohin wir fliegen, wo's auch sei,
ist unser Tisch gedecket.

Ist unser Tagewerk vollbracht,
dann zieh'n wir in die Bäume,
Wir ruhen still und sanft die Nacht
und haben süße Träume.

Und weckt uns früh der Sonnenschein,
dann schwingen wir's Gefieder.
Wir fliegen in die Welt hinein
und singen unsre Lieder.

August Heinrich Hoffmann von Fallersleben (1798-1874)

Schlafe, mein Prinzchen, schlaf ein

Schlafe, mein Prinzchen, es ruhn
Schäfchen und Vögelchen nun,
Garten und Wiese verstummt,
auch nicht ein Bienchen mehr summt.
Luna mit silbernem Schein
gukket zum Fenster herein:
schlafe beim silbernen Schein!
Schlafe mein Prinzchen, schlaf ein,
schlaf ein, schlaf ein.

Wer ist beglückter als du?
Nichts als Vergnügen und Ruh!
Spielwerk und Zucker vollauf,
und noch Karossen im Lauf;
alles besorgt und bereit,
daß nur mein Prinzchen nicht schreit.
Was wird da künftig erst sein?
Schlafe, mein Prinzchen, schlaf ein!

Friedrich Wilhelm Gotter 1746-1797
Melodie: Wolfgang Amadeus Mozart

 

Wer einsam steht im bunten Lebenskreise
Und was das Leben teuer macht verlor,
Wie bebt sein Herz, trifft eine liebe Weise
Aus ferner Jugendzeit sein horchend Ohr!

Musik, du Mächtige! vor dir verschwindet
Der armen Sprache ausdrucksvolles Wort;
Warum auch sagen, was das Herz empfindet,
Tönt doch in dir die ganze Seele fort.

Der Freundschaft Worte haben oft gelogen,
Es täuscht die Liebe durch Beredsamkeit;
Musik allein hat nie ein Herz betrogen
Und viele Herzen hoch erfreut.

Hélène de Mecklembourg-Schwerin, (1814 - 1858)

Was kann doch auf Erden geliebet mehr werden als süßer Gesang!
Was treibet vom Herzen behender die Schmerzen als lieblicher Klang?
Die Musik allein die Tränen abwischet, die Herzen erfrischet,
wenn sonst nichts hilflich will sein.

Die Musik vertreibet, vertilget, verschreibet nach Thule das Leid,
macht Hinkende springen, Verzagende singen vor herzlicher Freud.
Sie treibet die Feind, den Frieden zu schließen, sodass sie oft müssen,
gezwungen, werden gut Freund.

Die Musik den Kranken macht ringe Gedanken, vertreibet das Gift.
Oft haben die Saiten in schweren Krankheiten viel Gutes gestift.
Der liebliche Ton die Immlein betöret, dass, wenn sie empöret,
nicht können fliegen davon.

Laurentius von Schnifis, (1633 - 1702)

Ich wollte, meine Lieder
Das wären Blümelein:
Ich schickte sie zu riechen
Der Herzallerliebsten mein.

Ich wollte, meine Lieder
Das wären Küsse fein:
Ich schickt sie heimlich alle
Nach Liebchens Wängelein.

Ich wollte, meine Lieder
Das wären Erbsen klein:
Ich kocht eine Erbsensuppe,
Die sollte köstlich sein.

Heinrich Heine, (1797 - 1856)

Erinnerung

Es wecket meine Liebe
Die Lieder immer wieder!
Es wecken meine Lieder
Die Liebe immer wieder!
Die Lippen, die da träumen
Von deinen heißen Küssen,
In Sang und Liedesweisen
Von dir sie tönen müssen!
Und wollen die Gedanken
Der Liebe sich entschlagen,
So kommen meine Lieder
Zu mir mit Liebesklagen!
So halten mich in Banden
Die Beiden immer wieder!
Es weckt das Lied die Liebe!
Die Liebe weckt die Lieder!

(Vertont von Gustav Mahler)
Richard von Volkmann, (1830 - 1889)

Kinderlied für Agnes Hartlaub

Dort an der Kirchhofsmauer,
da sitz ich auf der Lauer,
da sitz ich gar zu gern,
es regt sich im Holunder,
es regnet mir herunter
Rosin und Mandelkern.
Waldwibichlein, das kleine,
das goldige, das feine,
das hat es mir gebracht.
Es hat ein Schloß im Berge,
das hüten sieben Zwerge,
darin ist große Pracht.
Und es hat mir versprochen:
in aber hundert Wochen,
wenn Agnes wacker sei,
dann käm es mit dem Schlitten,
zu Gaste mich zu bitten -
da seid fein auch dabei .

Mörike 1804-1875

Musik im Mirabell

Ein Brunnen singt. Die Wolken stehn
Im klaren Blau, die weißen, zarten.
Bedächtig stille Menschen gehn
AmAbend durch den alten Garten.

Der Ahnen Marmor ist ergraut.
Ein Vogelzug streift in die Weiten.
EinFaun mit totenAugen schaut
Nach Schatten, die ins Dunkel gleiten.

Das Laub fällt rot vom alten Baum
Und kreist herein durchs offne Fenster.
Ein Feuerschein glüht auf im Raum
Und malet trübe Angstgespenster.

Ein weißer Fremdling  tritt ins Haus.
EinHund stürzt durch verfallene Gänge.
Die Magd  löscht eine Lampe aus,
Das Ohr hört nachts Sonatenklänge.

Georg Trakl  1887-1914

Musik

Eine Musik lieb ich mehr
Als die schönste der größten Meister.
Täglich klingt sie um mich her,
Klingt täglich lauter und dreister.

Ich liebe sie sehr, und doch, es giebt
Stunden, da muss ich sie schelten,
Dann ist für die, die das Herz so liebt,
Ein Donnerwetter nicht selten.

Da schweigt sie wohl erschrocken still,
Doch dauert die Pause nicht lange,
Und wenn ich der Ruhe mich freuen will,
Ist sie wieder im besten Gange.

Zuletzt geb ich mich doch darein
Und lache: lass klingen, lass klingen!
Und hör durch des Hauses Sonnenschein
Vier Kinderfüße springen.

Gustav Falke  1853 - 1916

Beschriebene Musik ist halt wie ein erzähltes Mittagessen.

Franz Grillparzer, (1791 - 1872)

Suleika

Nicht im Rosenschmuck der Jugend

fand ich dich und liebt ich dich,

grau schon ringelten die Locken

um der Stirne Weisheit sich,

doch in deinem Kusse lodert

ungezähmte Jugendkraft,

stimmt die Harfe meiner Seele

zur Musik der Leidenschaft. –

Deine grauen Haare bergen,

was in deiner Seele ruht,

wie die Asche des Vulkanes

Zeuge ist der innern Glut,

und aus deiner Augen Tiefen,

sprühet blitzend, göttlich rein,

ewig junges Leben kündend,

deines Geistes Feuerschein.

Clara Müller-Jahnke  1860-1905



Wenn die Musik der Liebe Nahrung ist, spielt weiter, gebt mir volles Maß .

William Shakespeare  1564-1616

Erinnerung

Wie war die schöne Sommernacht
So dunkel, mild und warm, -
Wie schrittest du so still und sacht
Gelehnt auf meinen Arm. -

Von Ferne klang, man hört' es kaum,
Musik mit leisem Schall,
Im blüthenduftgen Gartenraum
Sang eine Nachtigall.

Ein holdes schweigendes Verstehn
War zwischen mir und dir,
Ein selig Beieinandergehn,
Und glücklich waren wir.

Die schöne Zeit, sie liegt so weit -
Verweht wie eitel Schaum.
Sie liegt so weit die schöne Zeit
Versunken wie ein Traum.

Wie schrittest du so still und sacht
Gelehnt auf meinen Arm -
Wie war die schöne Sommernacht
So dunkel, mild und warm.

Heinrich Seidel  1842 - 1906

Emsig dreht sich meine Spule,
Immer zur Musik bereit,
Denn ich bin die Harfenjule,
Schon seit meiner Kinderzeit.

Niemand schlägt wie ich die Saiten,
Niemand hat wie ich Gewalt.
Selbst die wilden Tiere schreiten
Sanft wie Lämmer durch den Wald.

Und ich schlage meine Harfe,
Wo und wie es immer sei,
Zum Familienbedarfe,
Kindstauf' oder Rauferei.

Reich mir einer eine Halbe
Oder einen Groschen nur,
Als des Sommers letzte Schwalbe
Schwebe ich durch die Natur.

Und so dreht sich meine Spule,
Tief vom Innersten bewegt,
Bis die alte Harfenjule
Einst im Himmel Harfe schlägt.

Theodor Fontane 1819-1898

Wer einsam steht im bunten Lebenskreise
Und was das Leben teuer macht verlor,
Wie bebt sein Herz, trifft eine liebe Weise
Aus ferner Jugendzeit sein horchend Ohr!

Musik, du Mächtige! vor dir verschwindet
Der armen Sprache ausdrucksvolles Wort;
Warum auch sagen, was das Herz empfindet,
Tönt doch in dir die ganze Seele fort.

Der Freundschaft Worte haben oft gelogen,
Es täuscht die Liebe durch Beredsamkeit;
Musik allein hat nie ein Herz betrogen
Und viele Herzen hoch erfreut.

Hélène de Mecklembourg  1814-1858

Lieder gib mir süße Lieder
Herr, zu deiner Frühlingspracht
Deine Sonne strahlet wieder
auf die Wunder deiner Macht
Ringsumn waltet selig Leben
alle Kräfte sind erneut
Blüten sind dem Baum gegeben
Kränze auf die Flur gestreut

Möchte mit den Vöglein singen
möchte mit den Blumen blühn
möchte mich zur Höhe schwingen
wo die goldnen Wolken ziehn
Möchte in den Himmel fliegen
baden mich im Lichte hell
und mit langen durst´gen Zügen
trinken aus des Lebens Quell

Lieder gib mir süße Lieder
Herr, zu deiner Frühlingspracht
gabst dem Vogel sein Gefieder
und des Sanges süße Macht
Hast auch mir ein Herz gegeben
das sich deiner Wunder freut
o so laß es aufwärts schweben
auf des Sanges Seligkeit.

Agnes Franz 1794-1843



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