Lob dem Apfel

Eines musst du dir gut merken,
wenn du schwach bist: Äpfel stärken.

Äpfel sind die beste Speise
für zu Hause, für die Reise,
für die Alten, für die Kinder,
für den Sommer, für den Winter,
für den Morgen, für den Abend,
Äpfel essen ist stets labend.

Äpfel glätten deine Stirn,
bringen Phosphor ins Gehirn.
Äpfel geben Kraft und Mut
und erneuern dir dein Blut.
Auch vom Most, sofern dich durstet,
wirst du fröhlich, wirst du lustig.

Darum Freund, so lass dir raten:
Esse frisch, gekocht, gebraten
täglich ihrer fünf bis zehn.
Wirst nicht dick, doch jung und schön
und kriegst Nerven wie ein Strick.
Mensch im Apfel liegt dein Glück.


Georg Wilhelm Otto von Ries (1763 - 1846)

Erdbeeren    

Sind wir denn so arm im Norden,
Haben wir gar nichts zu bieten?
Mit des Südens schönsten Blumen
Wagen's uns're Alpenblüthen.
Neben Pfirsichen und Trauben,
Deiner Villa Stolz und Ehre,
Möcht' ich fast noch höher preisen
Das Arom' der Wald-Erdbeere.


Adolf Pichler 1819-1900

Der Kirschenbaum

Heut hatt' ich einen Kindertraum.
Sein Inhalt war: ein Kirschenbaum,
Sonst nichts. Der war so kirschenschwer,
Man sah von seinem Grün nichts mehr.

Der rote Baum stand ganz allein
Und strahlte nur von Sonnenschein.
Die Kirschen waren wie aus Glas,
Was für ein heller Glanz war das!

Wie ich so in die Kirschen guck',
Aus jeder Kirsche, wie ein Spuk,
In kirschen-, kirschenrotem Licht
Lacht mir entgegen mein Gesicht.

Zehntausend Kirschen sicherlich,
Nicht übertrieben, zählte ich;
Nun stellt euch vor, zehntausendmal
Lacht' ich mich an im Sonnenstrahl!

Da ich schon lange aufgewacht,
Hab' ich noch vor mich hingelacht
Und lag und lag noch halb im Traum
Und lachte in den Kirschenbaum.


Hugo Salus  1866-1929

Der Birnenschmaus

So komm, du lieber Sonnenschein,
Laß unsre Birnen gut gedeih‘n!

Und wenn sie gelb geworden sind,
Dann komm und wehe, lieber Wind!

Komm, Wind, und schüttle jeden Ast
Und lad‘ uns alle samt zu Gast!

Dann eilen wir zum Haus hinaus
Und halten einen Birnenschmaus


Hoffmann von Fallersleben (1798-1874)

Meine Lebensart

In der ganzen Stadt ist keine
Hütte kleiner als die meine;
Für mich ist sie groß genug.
Noch viel kleiner ist mein Gärtchen,
Ich nur gehe durch sein Pförtchen;
Doch auch so ist's groß genug.

Zweimal setz' ich mich zu Tische,
Etwas Fleisch, Kohl, Grütze, Fische;
Hungrig ging ich nie zur Ruh.
Ja, im Sommer, ess' ich Beeren:
Him- und Erd- und Heidelbeeren,
Oft kommt eine Birn dazu.

Bisher hatt' ich stets zwei Kleider;
Viele Menschen haben, leider!
Eines nur, und das noch schwach.
Klagen wäre eine Sünde!
Arm ist nur der Lahme, Blinde,
Und die Waise ohne Dach.


Elisabeth Kuhlmann 1808-1825

An eine Orange
Herrliche Frucht,
im Haine
behutsam gereift.
Von Sonne und Südwind
tausendmal überküßt,
gerötet, gegoldet.
Duftend und schwer
ruhst du in meiner Hand.

Wieviel Sonnenküsse,
wieviel Regenschauer,
wieviel Vollmondschein,
welch ein großes warmes Land
halte ich mit Dir,
Vollkommene!
in meiner kleinen
gewölbten Hand.


Francisca Stoecklin  1894-1931


Apfelkantate /Das Apfeljahr

Der Apfel war nicht gleich am Baum
Da war erst lauter Blüte.
Das war erst lauter Blütenschaum
und lauter Lieb und Güte.
Dann waren Blätter grün an grün
und grün an grün nur Blätter.
Die Amsel nach des Tages Mühn,
sie sang ihr Abendlied gar kühn
und auch bei Regenwetter.
Der Herbst, der macht die Blätter steif
der Sommer muß sich packen.
Hei! Daß ich auf die Finger pfeif
da sind die ersten Äpfel reif
und haben rote Backen.
Und was bei Sonn` und Himmel war
erquickt nun Mund und Magen
und macht die Augen hell und klar.
So rundet sich das Apfeljahr
und mehr ist nicht zu sagen.


Matthias Claudius  1740-1815

Der Pfirsichbaum

Ein Pfirsichbaum, der neben einem Nussbaum lebte,

 betrachtete voll Neid die mit Nüssen beladenen Zweige seines Nachbarn.

Warum darf er so viele Früchte tragen, dachte er, und ich so wenige?

Das ist nicht gerecht. Ich will versuchen, es ihm gleichzutun.

"Übernimm dich nicht", sagte ein junger Pflaumenbaum,

der seine Gedanken las.

"Siehst du nicht,

was für mächtige Zweige der Nussbaum hat,

was für einen Stamm? Jeder muss seiner Kraft gemäß geben.

Denke daran, gute Pfirsiche zu geben.

Nicht die Quantität, die Qualität wiegt!"

Aber der Pfirsichbaum platzte vor Neid

und wollte nicht hören. Er hieß seine Wurzeln,

mehr Substanz aus der Erde zu ziehen,

seine Fasern, mehr Saft aufzunehmen,

seine Zweige, mehr Blüten zu treiben, seine Blüten,

sich in mehr Früchte zu verwandeln,

bis er schließlich, als seine Zeit kam,

von Kopf bis Fuß mit Pfirsichen beladen war.

Aber die reifenden Pfirsiche nahmen zu an Gewicht,

und die Zweige konnten sie nicht mehr tragen;

auch der Stamm konnte alle diese von Pfirsichen

überfüllten Zweige nicht mehr halten.

Ächzend bog sich der Pfirsichbaum, und dann,

mit großem Krachen, spaltete sich der Stamm,

und alle Pfirsiche rollten dem Nussbaum vor die Füße.

 Leonardo da Vinci  1452-1519

Inserat im August

Die verehrlichen Jungen, welche heuer
Meine Äpfel und Birnen zu stehlen gedenken,
Ersuche ich höflichst, bei diesem Vergnügen
Womöglichst insoweit sich zu beschränken,
Daß sie daneben auf den Beeten
Mir die Wurzeln und Erbsen nicht zertreten.


Theodor Storm, (1817 - 1888)

Frucht-Zucht-Frucht

Bananen, Melonen, Ananas – –.
Alle Früchte haben etwas –
Frei gesagt: Unanständiges,
Etwas Nuditätes an sich.
Darüber freue ich mich.
Denn das ist etwas Unbändiges.
Instinktiv oder auch bewußt
Haben wir alle daran unsre Lust.

Aber die darüber erschreckt sind,
Sich entrüsten und jemand verklagen,
Denen wollen wir andere sagen,
Daß wir schon lang nicht mehr a.A. geleckt sind.
Und das muß – wenn auch nur theoretisch –
Immer mal wieder auf Erden geschehn.
Sonst werden wir Mehlbrei und hyperästhetisch
Und werden rot, wenn wir Pfirsiche sehn.


Joachim Ringelnatz  1883-1934

Und immer geiler der Holunder im Dunkelgrünen blüht
Und in der Nacht wie ein Verführer blind sich müht.
Er hat sich in der schwülen Luft breitbrüstig aufgemacht.
Er lacht an allen Gartentüren, wie ein Brandstifter heimlich lacht,
Die Wurzel seinen Rumpf mit viel Geheimem gern ernährt,
Und um ihn rings die Luft toll von den tollsten Schwüren gährt.
Er hat schon manchen Schrei erstickt mit seiner Blüten Brunstgeruch,
Und hat oft zweien Leib an Leib ein Dach für Lust und Fluch gewährt,
Daß manche Hand nach Jahren noch ans Herz sich fährt.

Max Dauthendey  1867-1918

Trauben, die ess‘ ich gern

Trauben, die ess‘ ich gern,
Das kannst du glauben,
Süßer als Mandelkern
Schmecken die Trauben.

Trauben hol mir geschwind,
Hole mir Trauben.
Daß sie gegessen sind,
Kann ich nicht glauben.

Mutter, an dem Spalier
Und an den Lauben,
Ueberall, da und hier
Gibt es noch Trauben.

Trauben, die ess ich gern,
Das kannst du glauben,
Süßer als Mandelkern
Schmecken die Trauben.


Hoffmann von Fallersleben, 1798-1874

Der Apfel

In einem kleinen Apfel
da sieht es niedlich aus,
es sind darin fünf Stübchen
grad wie in einem Haus.

In jedem Stübchen wohnen
zwei Kerne schwarz und klein
sie liegen da und träumen
vom lieben Sonnenschein.

Sie träumen auch noch weiter
Gar einen schönen Traum,
wie sie einst werden hängen
am schönen Weihnachtsbaum.


(Kinderreim/Volksgut)

Lied

Komm, wir wollen Erdbeer'n pflücken,
Ist es doch nicht weit zum Wald,
Wollen junge Rosen brechen,
Sie verwelken ja so bald!

Droben jene Wetterwolke,
Die dich ängstigt, fürcht' ich nicht;
Nein, sie ist mir sehr willkommen,
Denn die Mittagssonne sticht.

All die sengend-heißen Stralen,
Die uns drohen, löscht sie aus,
Und wenn sie sich selbst entladet,
Sind wir lange schon zu Haus!

Tändelnd flecht' ich dann die Rosen
In dein dunkelbraunes Haar,
Und du bietest Beer' um Beere
Meinen durst'gen Lippen dar.


Friedrich Hebbel  1813-1863

Als Bübchen mit heißem Verlangen
Sah oft ich zum Nachbar hinein
Dort sah einen? Kirschbaum ich prangen
Der lud mich zum Naschen ein

Die Kirschen ganz heimlich gestohlen
Was besseres wusst' ich mir kaum
Ich kroch durch den Zaun, sie zu holen
Und klettert' auch Nachbars Baum
Kaum konnt' ich die Stunde erwarten
Wo sich? die Gelegenheit bot
Die Kirschen in Nachbars Garten
Die waren so süß und so rot
Die Kirschen in Nachbars Garten
Die waren so süß
Die waren so süß und so rot
Längst hätt' ich ein Weibchen genommen
Nur eines beängstigte mich
Auch ich werde Nachbarn bekommen
Die grade so klug sind wie ich
Die wollen gleich mir sich erlaben
An Kirschen auf fremdem Revier
Doch ich mag keinen Mitesser haben
Und sprach drum im Stillen zu mir
Ich will mit der Ehe noch warten
Ich weiß zu genau, was mir droht
Die Kirschen? in Nachbars Garten
Die sind viel zu süß und zu rot
Die Kirschen in Nachbars Garten
Die sind viel zu süß
Die sind viel zu süß und zu rot !

Julius Freund (1862 – 1914)



Den Aepfeln

Ich kam zu einem Apfelbaum,
In dessen grünen Aesten
Ein krummer Zwerg den frischen Schaum
Der Aepfel sog, der besten.

Um einen Apfel bat ich ihn,
Da fing er an zu rütteln
Und toll und wild und her und hin
So Frucht wie Laub zu schütteln.

Ich aß wie ein begier'ger Mann
Und ließ es mich gelüsten,
Nicht achtend, wie der Zwerg begann,
Die Krone zu verwüsten.

Da sang ein Vogel: Iß, du Held!
Du hast den Witz gefunden:
Das Laub, das mit daneben fällt,
Bedeutet deine Stunden!

Da jagt ich Kobold Unverstand
Herunter aus den Zweigen
Und unternahm, mit Fuß und Hand
Bedacht hinanzusteigen.

Nun saß ich selber auf dem Baum,
Nach Aepfeln auszuspähen,
Und ich genoß den süßen Schaum,
Die Blätter ließ ich stehen.


Gottfried Keller  (1819 - 1890)

Versuchung

Wenn sie in silberner Schale mit Wein uns würzet die Erdbeern,
Dicht mit Zucker noch erst streuet die Kinder des Walds:
O wie schmacht ich hinauf zu den duftigern Lippen, wie dürstet
Nach des gebogenen Arms schimmernder Weiße mein Mund!


Eduard Mörike  1804-1875

Die Erdbeere

Bei heißen Sonnenbränden,
Du Beere, duftig, roth,
Mit nimmermüden Händen
Pflückt dich das Kind der Noth.

Es sieht die Fülle prangen
Und unterdrückt dabei
Das eigene Verlangen,
Wie mächtig es auch sei.

Gehäuften Topf und Teller
Trägt es zum Händler dann;
Der geizt noch mit dem Heller –
Er ist ein kluger Mann.

Doch nicht bei seines Gleichen
Vollendet sich der Kreis:
Erst auf dem Tisch des Reichen,
Der zu bezahlen weiß.

So wird zur Menschenhabe
Und dient dem Wucher nur
Selbst deine frei'ste Gabe,
O liebende Natur!


Ferdinand von Saar  1833-1906




 

 


 



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